Endlich frei - Bewusstsein zur Handy-Sucht

 
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Viel zu oft habe ich das Gefühl gefangen zu sein. Aber im übertragenen Sinn: ich fühle mich wie ein Sklave meines eigenen Smartphones. Aber wie können wir diesen Energieräuber überlisten? Wie finden wir wieder zurück zu unserer Kraft und können unseren Alltag wieder resilienter erleben? Wie sieht ein gesunder Umgang mit dem Smartphone oder auch dem Laptop oder Tablet aus?


Immer wieder höre ich von Freunden und von Klienten, dass sie viel zu oft am Handy sind. Es gebe immer etwas zu beantworten, immer eine Sprachnachricht zum Anhören oder auch zum Aufnehmen, immer eine ungelesene E-Mail. Sie sind ratlos und stellen sich die Frage, welche Strategie ihnen gegen diese Abhängigkeit Abhilfe verschaffen kann. 


Ein Problem der modernen Welt?

Diese Technik gibt es noch nicht so lange. Ich kann mich noch an daran erinnern, wie ich angefangen habe zu arbeiten. Damals konnte ich meinen Computer noch nicht in meiner Hosentasche tragen; ich musste ins Büro kommen, um arbeiten zu können. Und wenn ich zuhause angekommen bin, dann war ich auch zuhause und hatte keine Möglichkeit mehr, mich mit meinem Job auseinanderzusetzen.


Der Gedanke an meine ständige Erreichbarkeit laugte mich völlig aus. Alle Anrufe und Nachrichten, sowohl mein Privatleben als auch meine Unternehmung betreffend, laufen auf mein Handy. Es fühlte sich an, als würde etwas an mir zerren, mich förmlich zerreissen. Also habe ich mir Strategien für einen besseren Umgang mit dem Smartphone erarbeitet. Diese Strategien wende ich jetzt im Alltag an, damit ich bewusster und stressfreier bin im Umgang mit meinem Handy:


1. Geregelte Zeitfenster

Ich habe mir pro Tag ein festes WhatsApp-Zeitfenster von einer halben Stunde bis zu einer Stunde gesetzt, in dem ich Nachrichten und Sprachnachrichten abrufe und auch beantworten kann. So habe ich nicht das Gefühl, ständig erreichbar sein zu müssen, weil ich einen komprimierten Zeitraum habe, in dem ich mir Zeit dafür nehme.


2. Benachrichtigungen ausschalten

Wenn ich früher E-Mails bekommen habe, habe ich das sofort auf meinem Startbildschirm gesehen und deshalb auch immer gleich reingeschaut. Dieser ständigen Erinnerung an meine Verpflichtungen wirke ich nun entgegen, indem ich die Benachrichtigungen auf meinem Smartphone deaktiviert habe. 


3. Nachrichten nur lesen, wenn ich sie auch beantworten kann

Normalerweise habe ich immer, wenn ich gerade kurz Zeit hatte (auf Zugfahrten zum Beispiel) kurz meine Mails gecheckt und geschaut, was es Neues gibt. Ich hatte bei dieser Gelegenheit jedoch keine Möglichkeit, alles zu beantworten - der Gedanke an die offene Nachricht beschäftigte mich also ab da, bis ich mir dann Zeit für eine Antwort nehmen konnte. Das setzte mich unnötig unter Druck; stattdessen packte ich auch das in mein Zeitfenster (siehe Punkt 1) und lese meine Nachrichten jetzt nur noch, wenn ich auch Zeit für eine Antwort habe.


4. Immer nur eine Aufgabe auf einmal

Gerade bei der Arbeit am Computer ist es so, dass mich Push-Nachrichten zu einkommenden Mails und Nachrichten ablenken. Ich bin vielleicht gerade dabei, konzentriert ein Meeting vorzubereiten, sehe aber dann eine neue Mail am Bildschirmrand aufblinken. Das nimmt meine Aufmerksamkeit, da ich ja Notiz von der neuen Aufgabe nehme - und verursacht einen Zeit- und Energieaufwand, um meinen Fokus wieder auf das Meeting zu richten. Wenn ich also gerade bei einer bestimmten Arbeit bin, sorge ich dafür, dass mich nichts anderes davon ablenken kann und so auch effektiver bin.


5. Bewusster Handy-Konsum

Im Zug oder Bus ist das besonders gut zu beobachten: die Menschen haben gerade nichts zu tun und tippen deshalb irgendwie auf ihrem Smartphone rum. Egal wo man hinsieht, überall sieht man Köpfe in Bildschirme starren. Dabei machen sie vielleicht gerade nicht mal etwas Sinnvolles; sie scrollen durch Instagram, Facebook oder YouTube oder schauen sich irgendwelche Bilder an, meist ganz unbewusst. Auch ich habe das gemacht; und genau das versuche ich umzustellen. Ich nehme mein Handy nur noch in die Hand, wenn ich wirklich etwas daran zu tun habe oder etwas erledigen möchte; und nicht mehr aus Langeweile.


6. Vipassana

Vielleicht hast du schon einmal etwas von Vipassana gehört: das ist ein 10-tägiger Meditationskurs, bei dem man sein Handy und alle anderen Ablenkungen abgeben muss, um sich voll und ganz auf die Meditation konzentrieren zu können. Dort habe ich wirklich gemerkt, dass auch ein Leben ohne Smartphone möglich ist - ja, das es sich sogar wahnsinnig befreiend anfühlt. Ich hatte natürlich auch Sorge um meine Freunde und meine Familie, dass ich vielleicht eine wichtige Nachricht über einen Unfall oder etwas ähnliches verpassen könnte. Es war aber wichtig mir selbst klarzumachen, dass so etwas Gravierendes nur selten passiert; und wenn es wirklich etwas so Dringendes gibt, findet die betreffende Person auf jeden Fall eine Möglichkeit, um mich zu erreichen.

Wenn du auch Interesse an solchen Meditationen hast, schau doch mal bei einem meiner Meditations-Retreats (in Zusammenarbeit mit Peter Beer) vorbei.


7. Nicht-stören-Modus

Diese Funktion aktiviere ich regelmässig. Sie bewirkt, dass mein Handy nur noch bei Anrufen von Menschen klingelt, die ich selbst in meine Favoriten-Liste gespeichert habe. Nachrichten und ähnliches empfange ich zwar, aber mein Smartphone bleibt stumm dabei.


8. Digital-Detox-Woche

Durch meine Erfahrung im Vipassana fasste ich den Entschluss, eine Digital-Detox-Woche durchzuführen. Ich tauschte mein Smartphone ein gegen ein altes Nokia-Handy; das bedeutete also kein Internet, keine Apps. Nur Telefonate und SMS. Es wussten auch nur meine Liebsten und Nächsten Bescheid, dass sie mich nun nur noch so oder unter meiner Festnetz-Nummer erreichen konnten. Spannend waren die Beobachtungen, die ich in dieser Woche machte: jedes Mal, wenn ich auch nur kurze Zeit nichts zu tun hatte oder warten musste, griff meine Hand wie automatisch in meine Tasche, um mein Handy zu zücken. Nur griff sie jetzt ins Leere, denn mein Smartphone war nicht mehr da. Ich erschrak richtig über diesen Reflex; er brachte mich ins Grübeln: “Was wollte ich jetzt eigentlich damit machen? Hatte ich etwas Wichtiges zu tun? Eigentlich weiss ich es gar nicht, das ist wirklich übertrieben.” 

Mehr zum Thema Langeweile und wie unfähig wir geworden sind, das Nichts-Tun auszuhalten, erfährst du in diesem Video:


Mein Aufwach-Moment

Durch diese Erlebnisse bin ich endlich wach geworden. Es hat mich so geprägt, dass ich mir schwor: “Ich möchte nicht so abhängig sein von so einem Ding. Ich möchte einen viel bewussteren Umgang mit meinem Handy pflegen.”

Ich bin zwar schon rein beruflich auf mein Smartphone angewiesen; meine Kunden erreichen mich so, auch der Kontakt mit meinen Mitarbeitern funktioniert hauptsächlich über WhatsApp. Trotzdem möchte ich autonom entscheiden können, wann und wo ich mein Handy wirklich brauche. 



So erkennst du, ob du abhängig bist von deinem Smartphone

Wenn du folgende Fragen mit “Ja” beantworten kannst, darfst du dir überlegen, ob auch du etwas an deinem Medien-Konsum ändern möchtest.



  • Denkst du oft länger über WhatsApp, Facebook und Co. nach statt dich auf deine Arbeit zu konzentrieren?




  • Wenn du dein Handy mal nicht bei dir hast, macht sich das körperlich bemerkbar? Wirst du nervös, unruhig oder hast du sogar Schweissausbrüche?




  • Hast du heute häufiger den Drang dazu auf dein Handy zu schauen als früher? Macht es dich unzufrieden, wenn du dem Drang nicht nachgibst?




  • Nimmst du dir schon länger vor deine Handy-Zeit einzuschränken, schaffst es aber einfach nicht?




  • Verbringst du mehr Zeit mit deinem Smartphone als mit deinen Freunden? Sitzt du lieber auf der Couch und tippst dich durch verschiedene Apps, statt anderen Aktivitäten nachzugehen?




  • Surfst du spät abends noch durchs Netz, obwohl du schon völlig übermüdet bist?




  • Gibst du vor anderen vor dein Handy seltener zu nutzen, als du es in Wirklichkeit tust?




  • Greifst du zum Handy, wenn negative Gedanken dich quälen oder es dir nicht so gut geht, um so davor zu fliehen?




  • Hat deine Smartphonenutzung schon einmal zu Problemen mit deinem Partner, deiner Familie oder deinem Arbeitsumfeld geführt?





Vielleicht hattest du gerade ebenso einen Aufwach-Moment wie ich vor einigen Jahren. Aber das ist etwas Gutes! Du kannst jetzt versuchen dein Leben selbst in die Hand zu nehmen und den Umgang mit deinen Geräten geplanter zu gestalten. Damit bringst du Achtsamkeit in dein Leben!


Wenn dich das Thema Smartphone-Abhängigkeit interessiert, schau doch mal in meinen Blog-Artikel “Mein Smartphone - mein zweites Ich?

Hier geht’s zum YouTube-Video: