Das verletzte Kind - in mir und auch in dir!

 
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Ein unerwartet intensiver Meditationskurs…

Als ich in einem sehr intensiven 10-tägigen Meditationskurs als Kurs-Managerin gearbeitet habe, war es meine Aufgabe Frauen zu betreuen, die das meditieren lernten und die ich dadurch auch genauestens kennenlernen durfte. In solchen Kursen wird üblicherweise mit niemandem gesprochen ausser der Kursleitung, und es gibt auch keine Ablenkungen wie Smartphones oder Tablets. Die Tage starten um 4 Uhr morgens und es wird jeden Tag 11 Stunden meditiert. Dadurch kommst du endlich einmal dazu, dich genauestens mit dir selbst zu beschäftigen und dich auch mit Themen auseinanderzusetzen, die eigentlich tief in dir drin vergraben sind und die so wieder in dir hochkommen. 

In dem besagten Kurs lernte ich durch diese intensiven Gespräche mit den Teilnehmerinnen enorm viel über die menschliche Psyche. Ich erkannte, dass diese Frauen zwar von aussen sehr taff und ausgeglichen aussahen, jedoch im Gespräch mit der Kursleitung in Minutenschnelle in Tränen ausbrachen. Sie hatten richtige Krisen und Zusammenbrüche. Eine der Frauen beispielsweise hatte so viel Angst, dass sie die ganze Nacht nicht schlafen konnte und mich morgens um 3 Uhr aufweckte. Ihre inneren Ängste und Sorgen hatten sie so aufgefressen, dass sie sogar nach Hause gehen und den Kurs verlassen wollte.


Im Kern sind wir alle gleich!

Durch diese 10 Tage als Kurs-Managerin wurde mir eines besonders klar: Es geht uns allen gleich! Wir alle haben Sorgen, sie sind sogar ähnlich intensiv. Auch wenn es so aussieht als hätten wir unser Leben im Griff, ist dem meistens nicht so. Viele von uns strugglen immer wieder!

Niemand hat sein Leben zu 100% im Griff!

Auch ich schaute lange Zeit auf zu erfolgreichen Coaches, deren Arbeit ich bewundernd verfolgte. Das tue ich auch heute noch, mit dem Unterschied, dass ich sie nun auch persönlich kennenlernen darf und so auch einen Blick hinter die Fassade erhalte. Ich kann Gefühle wie Verletzlichkeit und Unsicherheit beobachten. 


Expertise ist nicht gleich Unfehlbarkeit

Hilfreich war ebenso meine Zeit als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität in der Zusammenarbeit mit verschiedenen Professoren. Was mich zu dieser Arbeit trieb war die Überzeugung, dass an einem Ort, an dem Wissen kreiert wird die intelligentesten Menschen sein müssten und die Hoffnung, dass ich mir etwas von ihrer Arbeitsweise abschauen könnte. Auch ihre Schwächen habe ich erkennen könnten: ein Doktortitel allein ist kein Beweis für ein Genie und ein unglaublich breites Allgemeinwissen. Natürlich sind sie Spezialisten auf ihrem Gebiet, aber auch diese Leute wissen nicht alles und können nicht immer intelligent und kreativ sein. Das war ein kleiner Push für mein Selbstbewusstsein und lehrte mich, Menschen aus einer anderen Perspektive heraus zu betrachten.

Jetzt sehe ich an Menschen, auch wenn ich sie noch so inspirierend finde, relativ schnell die eigenen Unsicherheiten. Ich habe einen Blick für das kleine innere verletzte Kind in jeder Person, obwohl sie nach aussen vielleicht freudvoll, selbstbewusst und erfolgreich wirken. Natürlich ist es nicht schön, dass es so vielen Menschen so geht, jedoch kann es hilfreich sein, den Druck auf mich selbst zu verringern und mich nicht einschüchtern zu lassen.

Wir alle haben ein verletztes inneres Kind in uns, das uns verunsichert.


Traurig, aber leider viel zu häufig…

Eine eher traurige Geschichte ist meinem Vater widerfahren. Er hatte in seinem Teenageralter einen besten Freund, mit dem er sehr viel Zeit verbrachte. Eines Tages musste mein Vater erfahren, dass dieser junge Mann Selbstmord begangen hatte. Mein Vater war ziemlich schockiert, denn es war sein bester Freund, den er eigentlich in- und auswendig hätte kennen müssen. Er hatte nie gemerkt, dass es ihm so schlecht ging und er solche Gedanken hatte. Als mir mein Vater diese Geschichte vor Jahren erzählte, behielt ich vor allem eines in Erinnerung: Der Mensch ist ein sehr komplexes Wesen, mit so vielen versteckten Gefühlen, die nach aussen einfach nicht sichtbar sind. 

Manchmal wünsche ich mir, wir könnten diese Verletzungen zeigen. Wenn sich eine Person das Bein gebrochen hat, geht man ja schliesslich auch vorsichtig damit um und trifft Vorsichtsmassnahmen, um beispielsweise nicht über das Bein zu stolpern. Man sieht von aussen, dass diese Person verletzt ist, aber die inneren Verletzungen, die wir für uns behalten, kann sonst niemand sehen. Und diese sind oft noch viel schwerwiegender und bedürfen noch viel grösserer Behandlung oder Vorsicht als ein Beinbruch. Oft bleibt es auch nicht bei der Verletzung des inneren Kindes – wenn wir nicht mit unserem inneren Kind arbeiten, sind Schlafstörungen, Depressionen, Angststörungen, Burnout und ein verringertes Selbstbewusstsein die Folge.


Das verletzte Kind, das in uns allen steckt

Als Coach erfahre ich gerade in den sehr intensiven 1:1-Coachings (Hier kannst du dich anmelden!) immer wieder, wie schwer die Rucksäcke sind, die wir mit uns herumtragen, und wie voll beladen sie sind mit bewussten und unbewussten Belastungen. Und wenn wir die Last des anderen sehen könnten, würde es uns wahrscheinlich gelingen, toleranter und verständnisvoller mit uns umzugehen. Genau das habe ich auch für mich mitgenommen: Ich versuche, andere Menschen rücksichtsvoller zu behandeln, indem ich das immer im Hinterkopf behalte. 

Das innere Kind darf mit Rücksicht behandelt werden – genauso wie ein Beinbruch.

Wenn auch du dich von anderen Menschen einschüchtern lässt, wenn du dir selbst zu grossen Druck machst oder oft Reaktionen deines Gegenübers nicht verstehen kannst, dann darfst du immer daran denken: Wir alle sind nur verletzte Kinder und geben unser Bestes, auch wenn unser Bestes manchmal einfach nicht genug zu sein scheint. 

Zum Video gelangst du hier: