AUTOGENES TRAINING - EIN WUNDERMITTEL ZUR ENTSPANNUNG?

Yoga am Meer.jpg

Was ist autogenes Training und wie wirkt es?

Autogenes Training ist ein wissenschaftlich fundiertes Entspannungsverfahren aus den 1920er Jahren, das von J. H. Schultz in Deutschland entwickelt wurde. Es stützt sich dabei auf die Konzentration auf festgelegte Formeln, was zur Entspannung der Muskulatur führen kann. Beispielsweise stellt man sich im Geiste mehrmals einen schweren Arm vor, so dass man tatsächlich ein Schweregefühl im Arm bekommt.

Diese Methode ist wissenschaftlich nachprüfbar und messbar: Die Durchblutung der Haut steigt durch die Erweiterung der Gefässe im Arm und die Temperatur in der Oberfläche der Haut erhöht sich. Es ist also keinesfalls eine Magie oder Zauberei, sondern man kann durch Autosuggestion wirklich Entspannung erreichen und vor allen Dingen kann es jeder erlernen.

Bei welchen Beschwerden hilft autogenes Training?

Hilfreich ist das Training für alle Menschen, die Entspannung und Ruhe suchen oder ihre Konzentrationsfähigkeit und Abwehrkräfte stärken möchten. Auch bei stressbedingten Beschwerden, beispielsweise bei erhöhtem Blutdruck, Muskelverspannungen, Nervosität, innerer Unruhe und Schlaflosigkeit kann dieses Verfahren Abhilfe schaffen. So kannst du angstbesetzte Situationen meistern wie in etwa eine Zahnarztphobie oder Prüfungsangst. Zusammenfassend lässt sich sagen: Autogenes Training ist allen Situationen einsetzbar, in denen Stress deinen Körper oder deine Gedanken beeinflusst.

Wie ist das autogene Training aufgebaut?

Im Grunde unterscheidet man zwischen der Unterstufe, Mittelstufe und Oberstufe, wobei erstere die wichtigste ist und eine Art Basis bildet. Für die meisten Zwecke reicht sie auch schon aus, um sich entspannen zu können.

Beginnen kannst du mit der Ruhetönung “Ich bin ganz ruhig und gelassen”, um dich auf die weiteren Übungen einzustimmen. Wiederhole sie einige Male in deinen Gedanken.

Dann folgen schon die Tools der Unterstufe, bei denen du die kursiv gedruckten Autosuggestionen drei bis fünf Minuten wiederholst:


1. Schwereübung (Muskelentspannung): „Die rechte (linke) Hand ist ganz schwer.“

Konzentriere dich zuerst auf die Hand, wie sie schwerer wird. Dann kannst du weitergehen und die Schwere deines Arms fühlen, danach die deiner Beine und zum Schluss die Schwere deines ganzes Körpers spüren.

2. Wärmeübung (Blutgefässentspannung): „Der rechte (linke) Arm ist ganz warm.“

Auch hier gilt erstmal klein anzufangen und sich auf die Wärme der Hand fokussieren, um dann die Übung auf den gesamten Körper auszuweiten.

 

3. Herzübung: „Mein Herz schlägt ruhig und gleichmässig.“

Setze deinen Fokus auf deinen Pulsschlag und merke wie er immer ruhiger und gleichmässiger wird.

 

4. Atemübung: „Mein Atem wird immer ruhiger.“

Genauso konzentrierst du dich nun auf deine Atmung. Du atmest ruhiger und tiefer.

 

5. Solarplexusübung / Sonnengeflecht (Bauchorganregulierung): 

„Das Sonnengeflecht ist strömend warm.“ 

Das Sonnengeflecht ist die Region zwischen Brustbein und Bauchnabel. Spüre wie du auch da langsam eine angenehme Wärme verspürst.

 

6. Stirnkühleübung (Einstellung des Kopfgebiets): „Die Stirn ist angenehm kühl.”

Hier ist es das Ziel eine wohltuende Kühle auf der Stirn zu verspüren, so als ob du einen Eiswürfel gerade an deine Stirn gehalten hast.

 

Je mehr du übst, desto kürzer wird das autogene Training ausfallen, da du immer schneller in den Entspannungszustand hinein kommst.

Das Training bewirkt eine Veränderung deiner Durchblutung und eine geringere Muskelspannung, weswegen es danach wichtig ist, den Körper wieder auf sein standardmäßiges Aktivierungsniveau zu bringen. Führe also als letzten Schritt eine Dynamisierung durch: Strecke und beuge deine Gliedmaßen, atme tief durch, öffne deine Augen und gehe ein paar Schritte rundherum. 

 

Autogenes Training.jpg



Wie geht es weiter, wenn ich das Gefühl habe die Unterstufe des autogenen Trainings gut zu beherrschen?


Du kannst dann mit der fortgeschritteneren Stufe weitermachen. Du steigst intensiver ein und arbeitest konkret an bestimmten Zielen. Dazu gehört z.B. ein bestimmtes Verhalten zu verändern oder abzulegen, wie das Rauchen. Hierfür nutzt du Leitsätze, die im Grunde weitere Formeln sind, zusätzlich zu denen, die du bereits gelernt hast. Wenn du beispielsweise vor einem Vortrag sehr nervös bist, absolvierst du erst die Grundübungen mit der Schwere, Wärme usw., die dich entspannter machen. Danach fügst du eine neue Formel hinzu wie “Ich bin gelassen und fokussiert auf meinen Vortrag”. So erwirkst du nochmal eine zusätzliche Entspannung.

In der Oberstufe wird mit dem tiefen Unterbewusstsein gearbeitet, u.a. auch mit Träumen. Diese dient aber anders als die ersten beiden Stufen, bei denen es um Zielsetzung und Entspannung geht, der Problembearbeitung. Dazu ist eine tiefe Entspannung notwendig und ein unterstützender Trainer ist von Vorteil.

 

       Wie erlerne ich autogenes Training als Anfänger?

Natürlich muss man autogenes Training für den Anfang nicht zwangsläufig im Kurs erlernen, sondern kann dies gut auch zuhause üben. Dabei kann ein Buch bzw. im Idealfall ein Hörbuch mit einer professionellen Anleitung sehr unterstützend sein. Man wird Schritt für Schritt und Übung für Übung an die jeweilige Methode herangeführt und man erhält Erklärungen zur Wirkungsweise, sodass man sie versteht und in den Alltag integrieren kann. Wichtig ist sich langsam heranzutasten, also erstmal eine Formel an einem Tag und eine andere Formel am nächsten Tag. Denkbar ist z.B. kurz vor dem Einschlafen eine Methode auszuprobieren, um erste Wirkungen spüren zu können.

Kann jeder autogenes Training erlernen oder ist dafür eine spezielle Begabung nötig?

Natürlich ist das nicht so, auch teure Utensilien sind dazu überhaupt nicht notwendig. Das einzige was du brauchst ist Ruhe und Zeit. Jeden Tag 15 Minuten sind dabei anfangs völlig okay, in denen du dir einmal Ruhe verschaffst, dich in einen stillen Raum begibst und im Liegen oder Sitzen die Übung durchführst. Das heisst du kannst es eigentlich überall schnell machen, sei es im Büro, in der Natur oder einfach daheim. Hauptsache ist, dass das Setting dir für eine kurze Zeitspanne Ruhe ermöglicht. Mit der Zeit wirst du die Methoden vertiefen und eine lang anhaltende Entspannung erreichen. Wenn du dann soweit bist, wirst du auch in stressvollen Situationen diese Übungen anwenden können, wie direkt beim Zahnarztbesuch, wo der Arzt direkt vor dir steht oder vor einem Gespräch mit dem Chef, wenn du davor sehr aufgeregt bist.

Wie lange muss ich autogenes Training üben, damit es wirkt?

Das ist sehr individuell und kann bei jedem verschieden lange dauern. Du wirst in der Regel aber gleich merken, dass du dich entspannter fühlst und eine neue Kraft und Energie wahrnimmst. Mit mehr und mehr Übung wirst du auch eine tiefere Entspannung verspüren und deutlich gelassener durch den Alltag gehen. Einige Fachbücher führen drei- bis sechsmonatiges tägliches Üben an, damit man autogenes Training locker einsetzen kann.

Woran merke ich konkret, dass autogenes Training bei mir wirkt?

Meistens merkt man den Effekt ganz einfach. Bei Schlafstörungen kannst du natürlich konkret und direkt spüren, ob du besser einschlafen kannst, du durchschläfst und ruhiger schläfst. Auch bei Schmerzzuständen würdest du wie beispielsweise bei einer Bohrung beim Zahnarzt weniger Schmerz verspüren und nicht mehr so angespannt in dem Sitz liegen.

Generell würdest du merken, dass du weniger ängstlich bist in Situationen, in denen du eigentlich total unruhig bist.

Kann ich autogenes Training auch im Sport anwenden?

Ja klar, allerdings wirst du dich da aus Zeit- und Effizienzgründen eher auf die Übungen der Unterstufe konzentrieren. Zudem macht es nach sportpsychologischen Erkenntnissen Sinn, dass auch ein gewisses Maß an Anspannung vorhanden sein sollte, bevor man sich in den Wettkampfmodus begibt. Nichtsdestotrotz kann autogenes Training dir gerade vor Wettkämpfen die Aufregung nehmen und dich in einen Ruhezustand versetzen.

Ich hoffe, ich konnte dir einen kleinen Überblick geben, was autogenes Training ist und wie du sie anwenden kannst. Du möchtest noch mehr damit verbundene Themen kennenlernen? Dann würde ich mich freuen, wenn du auf meinen Social Media Kanälen vorbeischaust:

YouTube: https://www.youtube.com/channel/UCXvIRiU4dTXRdy9PA7rfLZg

Instagram: jacquelinejoykeller

Facebook: Federleicht Coaching - Jacqueline Keller







Literaturverzeichnis:




Eberspächer, H. (2007). Mentales Training. München: Copress-Verlag.

Kraft, H. (2004). Autogenes Training. Handbuch für die Praxis. 4. Auflage. Deutscher Ärzteverlag. Köln.

Linden, W. (1994). Autogenetic training: A narrative and quantitiative review of clinical outcome. Biofeedback and Self-Regulation, 19, 227-264. 

Petermann, F. & Kusch, M. (2014). Imagination. In F. Petermann & Vaitl, D. (Hrsg.), Entspannungsverfahren. Das Praxishandbuch (5. Aufl.). Weinheim: Beltz. 

Petermann, F. & Vaitl, D. (Hrsg.) (2014). Entspannungsverfahren. Das Praxishandbuch (5. Aufl.). Weinheim: Beltz. 

Schultz, T. H. (1973). Das Autogene Training. Konzentrative Selbstentspannung (14. Aufl.). Stuttgart: Thieme. 

Vaitl, D. (2000). Autogenes Training. In D. Vaitl & F. Petermann (Hrsg.), Handbuch der Entspannungsverfahren, Bd. 1: Grundlagen und Methoden (2. Aufl.). Weinheim: Beltz. 

Wallnöfer, H. (Hrsg.) (2013). Gesund durch Autogenes Training/Autogene Psychotherapie. Novum, Horitschon / Wien / München.

https://www.bisp-sportpsychologie.de/SpoPsy/DE/Infoportal/Sportpsychologische_Betreuung_im_Spitzensport/trainingstechniken/Autogenes_Training.html